Goldfuß Engineering nutzt Yaskawa-Roboter zum Handling empfindlicher Vials

Kleine Fläschchen – große Aufgabe

Es gibt Gegenstände, die sich unter bestimmten Bedingungen einer Automatisierung einfach widersetzen. Das galt bisher auch für Vials, verpackt in Kunststoff-Hohlkammer-Boxen – kleine zylindrische Arzneimittelfläschchen, wie sie in der Pharmaindustrie millionenfach verwendet werden. Goldfuß engineering hat diese Aufgabe nun erstmals überzeugend gelöst: mit einem speziellen Greifer in Kombination mit Motoman-Robotern von Yaskawa.

Nicht zuletzt aufgrund unterschiedlicher Reinraumklassen durchlaufen Vials in der pharmazeutischen Produktion mehrere Handhabungsschritte. Vor allem die Zuführung der leeren Vials in die Wasch- oder Füllmaschine bzw. der gefüllten Vials in die Inspektions- oder Verpackungsmaschine erfolgt dabei in aller Regel noch manuell.

Die Gründe dafür liegen zunächst einmal in den Vials selbst: Bestehend aus dünnem Glas, sind sie sehr empfindlich. Zudem sind sie mit Füllgrößen von wenigen Millilitern sehr klein. Herkömmliche Vakuumgreifer stoßen deshalb schnell an ihre Grenzen. Als weitere Schwierigkeit werden die Vials werksintern oft in verschließbaren Kunststoff-Hohlkammer-Boxen transportiert. Darin sind sie ohne jede Ordnung positioniert, was automatisierungstechnisch besondere Herausforderungen mit sich bringt.

 

Automatisierungslösung von Goldfuß engineering

Die Goldfuß engineering GmbH, Spezialist für die robotergestützte Beschickung von Verpackungsmaschinen und für Anwenderlösungen sowohl in der Verpackungstechnik als auch in der Laborautomation mit Sitz im schwäbischen Balingen, hat diese komplexe Aufgabe nun erstmals für Vials ab einer Füllgröße von 2 ml (2R) gelöst:

In einer kompakten Handlingzelle übernimmt ein Roboter das Öffnen der Kunststoff-Hohlkammer-Box und das Beschicken der Vials. Geführt von einem 3D-Kamerasystem, entnimmt er die Boxen von der Palette. Nach der automatisierten Öffnung der Boxen entnimmt er die Vials und legt sie auf einen Drehteller oder ein Bi-Flow-Band, von wo aus sie in die Wasch-,
Füll-, Inspektions- oder Verpackungsmaschine gehen. Außerdem platziert der Roboter die leere Box in einen Behälter zur späteren Entsorgung. Der komplette Vorgang dauert rund 50 bis 60 Sekunden. Durch den Einsatz eines zweiten Roboters lässt sich diese Zeit noch spürbar reduzieren.

Starke Einheit aus Greifer und Roboter

Das Herzstück der Lösung bildet ein von Goldfuß engineering genau für diese Anwendung entwickelter Greifer. Anders als etwa Flächensauger, die für 2R-Vials keine prozesssichere Lösung ermöglichen, arbeitet dieser Greifer mechanisch und produktschonend zugleich, bei äußerst kompakter Bauweise. Dieses Verfahren gewährleistet die zuverlässige Aufnahme des kompletten Inhalts aus der Box und stellt somit sicher, dass wirklich alle Vials einer Charge erreicht und zugeführt werden. Sollen Boxen unterschiedlicher Größen gehandelt werden, ist auf Kundenwunsch auch ein stark vereinfachter Formatwechsel realisierbar.

Als weitere Option können die Vials in der Box zur Qualitätskontrolle über eine zweite Kamera automatisch gezählt und das Ergebnis mit den Produktionsdaten abgeglichen werden. Zudem ist eine Anbindung der Anlage an das kundenseitige Netzwerk möglich.

Partnerschaft mit Yaskawa

Der Greifer harmoniert ideal mit Motoman-Robotern von Yaskawa. Beide Unternehmen verbindet eine lange Partnerschaft. Goldfuß engineering ist seit Jahren Systempartner des Herstellers. In der schlanksten und einfachsten Ausführung kommt der Greifer auf 12 kg Gewicht zzgl. der Vials. Diverse funktionale Optionen im Greifer wie beispielsweise das Aufschneiden einer Deckel-Fixierung können das Gewicht des Greifers erhöhen. Damit bietet sich ein Manipulator mit einer Tragkraft von 20 kg oder mehr an.

Hierfür stehen Hochleistungsindustrieroboter der Motoman GP-Reihe von Yaskawa zur Verfügung, wobei viele Pharma-Anwender die MRK-fähigen Cobots der HC-Serie bevorzugen, die mit 20 oder sogar 30 kg Tragkraft verfügbar sind.

Industrieroboter der Reihe Motoman GP FGG

„GP“ steht für „General Purpose“ und damit für vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Die 6-Achser der Motoman GP-Reihe sind in der hohen Schutzklasse IP67 ausgeführt (besonders geschützt gegen Eindringen von Flüssigkeiten und Stäuben). Sie lassen sich damit unter rauen Arbeitsbedingungen einsetzen und sehr leicht reinigen. Der Roboter kann ohne Einschränkungen in beliebiger Einbaulage arbeiten, Roboterkabel lassen sich entweder seitlich oder durch den Sockel hindurch einführen. Die integrierte Medienversorgung in den Achsen optimiert den Aufbau von Greifern und sorgt für höchste Zuverlässigkeit im späteren Betrieb.

Konzipiert für Aufgaben in der Sekundär- und Tertiärverpackung, umfasst die Motoman GP FGG-Serie speziell für den Lebensmittelbereich entwickelte Roboter. Sie zeichnen sich durch entsprechend zugelassene Schmierstoffe (Food Grade Grease) und ihr tropfwasserfestes, reinigungsbeständiges Design aus. Damit gewährleisten sie auch das problemlose Ablaufen von Flüssigkeiten und können somit im direkten Kontakt mit verschiedenen Lebensmitteln und Getränken eingesetzt werden.

Gesteuert werden die Roboter der GP-Serie mit der aktuellen Hochleistungssteuerung YRC1000micro. Zum Bedienen und Programmieren kann entweder das klassische Programmierhandgerät oder das innovative Smart Pendant verwendet werden. Alternativ kann der Roboter direkt über SPS-Funktionsbausteine (MotoLogix) in eine übergeordnete Maschinensteuerung eingebunden werden. In punkto Konnektivität (I/O, Prozess und Industrie 4.0), Schnittstellen sowie Förderband-, Kamera- und Sensorikanbindung profitieren die Motoman GP-Roboter von allen vielseitigen Eigenschaften, Tools und Optionen der kompakten Yaskawa-Standard-Robotersteuerung.

Yaskawa-Cobots HC20DTP und HC30PL

Auch die Yaskawa-Cobots HC20DTP und HC30PL sind in staub- und wasserdichter IP67-Schutzklasse ausgeführt. Mit dem modernen Bediengerät Smart Pendant ist die Programmierung der Cobots einfach: Die Smart Pattern Wizard-Software leitet den Bediener durch die einzelnen Schritte zur Erstellung verschiedener Palettiermuster. Mittels weniger Referenzpunkte und Musterinformationen erstellt der Wizard das Roboterprogramm, welches dann weiterhin bequem im Wizard bearbeitet werden kann. Wer lieber auf die traditionelle Programmierung sowie Profi-Werkzeuge zurückgreifen will, kann dies über das Teach Pendant sowie die umfangreiche PalletSolver Software ebenso tun.

Erste Anlage im Bau

Eine Anlage zur Zuführung von Vials in eine Verpackungslinie mit einem Cobot HC20DTP war bereits auf der Fachmesse Interpack 2023 zu sehen. Eine weitere mit einem Motoman GP50 FGG befindet sich im Bau. Sie wird an einem deutschen Standort eines internationalen Pharmaunternehmens realisiert.