Innovative Roboterschweißzelle bringt maximale Flexibilität

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Lösung für Losgröße 1

Mit einer wegweisenden Roboterschweißanlage liefert der renommierte Spritzgießmaschinenhersteller Arburg den Beweis, dass sich Losgröße 1 und Vollautomation nicht ausschließen. Im Gegenteil: Solche Herausforderungen löst man am Stammsitz Loßburg effizient und wirtschaftlich.

Im idyllischen Schwarzwald im Jahre 1923 als Kleinbetrieb gegründet, gelang Arburg ein spektakulärer Aufstieg zu einem der weltweit führenden Maschinenhersteller für die Kunststoffverarbeitung. Das Familienunternehmen zählt aktuell rund 3.200 Beschäftigte weltweit und noch immer wird ausschließlich in Loßburg gefertigt – mittlerweile auf über 170.000 Quadratmeter Fläche und in überaus hoher Fertigungstiefe von rund 60 Prozent.   

Die qualitativ hochwertigen Allrounder-Spritzgießmaschinen mit hydraulischer, hybrider, elektrischer oder vertikaler Spritzgießtechnik sind sehr gefragt. Eine Exportquote von circa 70 Prozent unterstreicht die internationale Wertschätzung, die diese Maschinen genießen. So innovativ wie die Allrounder selbst gibt sich auch die Automatisierungstechnik, mit der diese produziert werden.

 

Eine Roboterschweißzelle der Extraklasse

Ein Musterbeispiel für die state-of-the-art-Produktionstechnik bei Arburg findet sich in der Blechfertigung. Hier entstehen die tonnenschweren Maschinenständer für die Spritzgießmaschinen in allen erdenklichen Ausführungen. Die fertigungstechnischen Besonderheiten dabei bringt Wolfgang John, Abteilungsleiter Spanlose Fertigung, auf den Punkt: „Wir produzieren hier ausschließlich kundenauftragsbezogen, was bei dem breiten Spektrum und der Modularität unserer Spritzgießmaschinen oftmals Losgröße 1 bedeutet. Dafür benötigen wir eine Roboterschweißzelle mit maximaler Flexibilität, bei der Offline-Programmierung, höchste Verfügbarkeit und Prozesssicherheit sowie Schweißergebnisse erster Güte unabdingbar sind.“

Die Schweißspezialisten von Yaskawa Europe machten hier das Rennen. Und was diese in enger Zusammenarbeit mit den Arburg-Verantwortlichen in Loßburg installiert haben, kann sich sehen lassen: Auf engstem Raum präsentiert sich eine rund 11 Meter lange und 4,5 Meter breite High-Tech-Schweißzelle, an deren X-Y-Z-Portal ein Motoman MA2010 Sechsachser hängend montiert ist. Zwei Sonderdrehpositionierer nehmen über entsprechende Vorrichtungsträger die vorgehefteten, bis zu 5.500 Millimeter langen und drei Tonnen schweren Maschinenständer auf, die dann vom Schweißroboter in perfekter Wannenlage MAG-geschweißt werden.

 

Bis zu 100 Meter Schweißnaht pro Bauteil

Alle Maschinenständer sind aus dem Blechwerkstoff S235, wobei die Materialstärken zwischen fünf und acht Millimeter modellbedingt variieren. Eine 500 Ampere Schweißquelle von Lorch sowie ein wassergekühlter Schweißbrenner garantieren in Verbindung mit dem bahngenauen und dynamischen Motoman Roboter hohe Schweißgeschwindigkeiten bei gleichzeitig erstklassiger Nahtqualität: „Wir ziehen pro Bauteil Schweißnähte von bis zu 100 Metern. Da sind wir auf Effizienz und reproduzierbare Qualität angewiesen. Denn die Schweißnähte müssen nicht nur optischen Ansprüchen genügen, sondern vor allem auch bei Behältern für Hydrauliköl dauerhaft dicht sein“, verrät Wolfgang John.

Tatsächlich kann man in der Praxis nur staunen, wie dynamisch der schlanke Schweißroboter mit seinem innenliegenden Schlauchpaket zu Werke geht. Selbst in Ecken oder bei engen Radien muss der MA2010 seine Schweißgeschwindigkeit kaum herabsetzen. Weitgehend spritzerfreies Schweißen kündet von der sicheren Beherrschung des Prozesses. Die Synchronisation der insgesamt elf NC-gesteuerten Achsen – sechs vom Roboter, drei vom Portal und zwei vom Positionierer – übernimmt die DX200 Steuerung mit gewohnter Souveränität.

 

Herausforderung Losgröße 1

Die größte Herausforderung an der Anlage sind aber die geringen Losgrößen, die immer mehr in Richtung 1 tendieren. Doch im Kampf gegen unproduktive Rüstzeiten zeigt man sich gut gewappnet, wie der Arburg-Gruppenleiter elektrische Betriebsmittelkonstruktion Martin Braun versichert: „Wir setzen konsequent auf die Möglichkeiten der Offline-Programmierung. Zudem haben wir viel Kreativität in die Konstruktion eines intelligenten Vorrichtungsträgers mit hochflexiblem Spannsystem investiert, der es uns erlaubt, alle Maschinenständervarianten mit wenigen Handgriffen innerhalb Minuten sicher zu spannen. Nur so können wir die Herausforderung Losgröße 1 bewältigen.“

Offline Programmierung macht das Unmögliche möglich

Für die Programmierung neuer Bauteile am Rechner kommt bei Arburg das vollumfängliche Offline-Programmiersystem MotoSim von Yaskawa zum Einsatz, von dem sich die Bediener begeistert zeigen. Dieses System erlaubt eine realistische 3D-Simulation, indem es das gleiche kinematische Modell wie die DX200 Robotersteuerung verwendet. Auch die Programmiersprache ist identisch, was es ermöglicht, Schweißprogramme komplett offline zu entwickeln. „Mit MotoSim verkürzen wir die Programmierzeiten erheblich und reduzieren den Aufwand für das finale Teachen an der Anlage um rund 80 bis 85 Prozent“, so Martin Braun.

Derzeit sind nahezu 100 Maschinenständer-Varianten im Speicher der Steuerung hinterlegt, weitere werden folgen. Nach der Umrüstung von einem Bauteil auf das nächste muss der Bediener nur das passende Programm anwählen und der Roboter spult sein Schweißprogramm ab. Um dabei höchste Sicherheit zu gewährleisten, ist die Schweißzelle mit jeder Menge Sensorik und speziellen Messmitteln zur Sicherstellung der Anlagengeometrie ausgestattet. So lässt sich jede einzelne Achse des Roboters durch Anfahren spezieller Kalibrierpunkte einzeln vermessen und natürlich ist auch das sichere Aufspannen der tonnenschweren Bauteile sensorisch überwacht. Industrie 4.0 lässt grüßen.

Partnerschaftliche Zusammenarbeit als Erfolgsgarant

Das über Jahrzehnte gewachsene Know-how der Arburg-Mannschaft trug entscheidend zur schnellen und unkomplizierten Inbetriebnahme der Anlage bei. Auch im laufenden Betrieb kommen die robotikerfahrenen Spezialisten aus dem Schwarzwald bestens mit der Schweißzelle zurecht, zudem sind Roboter und Komponenten des japanischen Anbieters für ihre Zuverlässigkeit bekannt. Da wundert es nicht, dass die Anlage seit Inbetriebnahme im August 2019 zuverlässig ihren Dienst versieht und die hohen Erwartungen erfüllt.

Selbst wenn der Bedarf an externen Serviceleistungen auch langfristig überschaubar bleiben wird – bei Arburg verfügt man über eine hervorragend aufgestellte Instandhaltungsmannschaft – liegt den Schwarzwäldern das partnerschaftliche Verhältnis zu ihren Lieferanten besonders am Herzen: „Wir setzen seit vielen Jahren Yaskawa ein und wir wissen um die Qualität der Produkte. Wir wissen aber auch, dass wir uns im Notfall auf die Unterstützung durch Yaskawa verlassen könnten. Und das zählt“, so Wolfgang John abschließend.

Text: Ralf Högel